Musenhof Schloss Wildenfels

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Geschichte 43: Vom Bierbrauen und vom Bierkrieg - Geschichte(n) aus der Herrschaft Wildenfels

16.04.2021

Im 18. Jahrhundert wurde rund um das Schloss Wildenfels eine intensive Landwirtschaft betrieben. Verbreitet war unter anderem der Anbau von Hopfen. Das Bierbrauen entwickelte sich zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Faktor der Stadt. Laut einer Urkunde aus dem Jahr 1706 fanden sich hier 75 Häuser, von denen 31 brauberechtigt waren. Auch Graf Friedrich Magnus I. zu Solms-Wildenfels ließ direkt vor dem Schloss eine Brauerei errichten. 

Der sächsische Kurfürst vergab an bestimmte Orte das sogenannte „Bierprivileg“. Es ermöglichte die Herstellung von eigenem Bier. Zudem waren die Bürger verpflichtet, das Getränk zu kaufen. Sie hatten dabei keine Auswahl. Ein typisches Beispiel war die Stadt Zwickau: Nach einem Patent von 1613 durften die 28 umgebenden Ortschaften ganzjährig nur von dort Bier beziehen. Im 17. Jahrhundert gab es daraufhin einen florierenden Schmuggel mit auswärtigem Bier.

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit kam Bier als Grundnahrungsmittel eine hohe Bedeutung zu. Außerdem sorgte es in den Orten mit Bierprivileg für wichtige Einnahmen. Infolgedessen kam es zu richtigen „Bierkriegen“. Dabei bewaffneten sich die Männer der bierbrauenden Städte. Sie stürmten in die Häuser und durchsuchten die Gebäude. Wurde dann auswärtiges Bier gefunden, musste es vernichtet werden – entweder durch Ausschütten oder durch Austrinken.

Bemerkenswert ist hierbei die Herrschaft Wildenfels. Immer schon war sie sehr klein, aber unabhängig. Sie war reichsunmittelbar. Demnach unterstand sie direkt dem Kaiser und nicht dem Kurfürsten. Letzterer versuchte aber immer wieder, seinen Einfluss zu erweitern. Als er 1705 eine Steuer auf Bier verlangte, war das Maß voll. Die Bevölkerung bat daraufhin den Grafen zu Solms-Wildenfels um eine Fürsprache beim Landesfürsten. Schließlich einigte man sich in einem Rezess. Der Graf verpflichtete sich zu einer jährlichen Zahlung in Höhe von 500 Talern. Im Gegenzug wurden die Bewohner von der Steuer befreit und der Herrschaft verblieben einige Sonderrechte. Dennoch hatten die Grafen des Schlosses Wildenfels damit indirekt die Landeshoheit des Kurfürsten anerkannt. Sie verzichteten auf einen großen Teil ihrer Souveränität.

So entscheidet sich der Lauf der Geschichte manchmal an einem kleinen Glas Bier!

Quelle: Wir bedanken uns bei Dr. Christian Landrock und Astrid Klinge für die historische Forschungsarbeit.