Alte Pracht in neuem Glanz
Restaurierungsprojekte und kunsthistorische Forschung

Das Schloss Wildenfels bietet eine mannigfaltige Geschichte . Die ehemalige Burg gehörte zu den ältesten Rittersitzen Sachsens. Sie hat jedoch bis ins 21. Jahrhundert einen langen Weg zurückgelegt. Stück für Stück werden die alten Schätze nun wiederentdeckt.
Die Roten Salons

Die Roten Salons sind die ehemaligen Wohnzimmer der gräflichen Familie zu Solms-Wildenfels. Einst waren sie mit schimmernden Kronleuchtern, mit Ölgemälden und Porzellanarbeiten geschmückt. Gäste konnten es sich in den bestickten Sesseln, auf dem Sofa oder am verzierten Tisch bequem machen. Sie durften dem Knistern der Holzscheite im Kamin lauschen. Leider ist vom ursprünglichen Inventar kaum etwas erhalten. Die Raumschale soll jedoch in den kommenden Jahren aufwendig restauriert werden.
Der Kleine Rote Salon liegt direkt neben dem Musikzimmer. An seiner Decke sind die Stuckarbeiten kaum noch zu sehen, sein Parkettfußboden hat viel aushalten müssen. Der Kamin aus Wildenfelser Marmor wird nicht mehr beheizt. Doch hier wartet ein einmaliges Kulturerbe darauf, wieder zu alter Schönheit erweckt zu werden. Besonders der Blick an die Wände lohnt sich. Im Jahr 2017 machte der Freundeskreis Schloss Wildenfels e.V. an dieser Stelle eine sensationelle Entdeckung: Unter Raufasertapete versteckte sich eine chinoise Wandbespannung aus dem frühen 18. Jahrhundert. Niemand hatte davon gewusst! Derzeit wird eine der Tapetenbahnen von Studierenden des Fachbereichs Restaurierung an der Hochschule für Bildende Künste Dresden untersucht.
Der Große Rote Salon ist ein Raumkunstwerk aus dem frühen 19. Jahrhundert. An seinen Wänden befindet sich ebenfalls eine historische Wandbespannung. Im Jahr 2024 wurde die Restaurierung einer ersten Tapetenbahn abgeschlossen. Es handelt sich um ein wertvolles Gewebe aus Seiden-Leinen-Jacquard, welches vermutlich in die Zeit zwischen 1840 und 1870 zu datieren ist. Die Zierleisten sind aus Lindenholz mit einer Fassung in Weiß und Zwischgold, einem Blattmetall aus Gold und Silber. Die ersten Ergebnisse der restauratorischen Arbeit können bereits von Besucherinnen und Besuchern des Schlosses Wildenfels bewundert werden. In den nächsten Monaten sollen nun Wege zur Wiederherrichtung des gesamten Raumes aufgezeigt werden. Es sind im Jahr 2025 weitere Befunduntersuchungen an der Raumschale geplant.
Gleichzeitig mit den Restaurierungsmaßnahmen an der Originalsubstanz erfolgte 2024 und 2025 die Rekonstruktion der Wandbespannungen. Diese wurde durch die "Seidenmanufaktur eschke by STW Sächsische Textilwerke GmbH" umgesetzt. Es handelt sich um eine traditionsreiche Produktionsstätte, welche sich als einzige deutsche Jacquardweberei auf die historisch genaue Rekonstruktion von Seidenstoffen spezialisiert hat. Stoffe aus dem im Jahr 1868 gegründeten Unternehmen sind in zahlreichen Schlössern, Theatern, Villen, Rathäusern und privaten Sammlungen zu finden. Auch auf Schloss Wildenfels wurden im Zuge zurückliegender Restaurierungsmaßnahmen entsprechende Aufträge erteilt. Die nun angefertigten Textilien sollen im Großen Roten Salon über der Originalbespannung angebracht werden. Hierfür wird 2025 ein Konzept entwickelt. Schlussendlich werden die Gäste dann eine Gegenüberstellung von historischem und neuem Stoff sehen können: So dürfen sie einerseits das einzigartige Original und andererseits dessen ursprüngliche Wirkung in all seiner Pracht erleben.
Das Chinesische Kabinett
Von 2017 bis 2022 wurden im Chinesischen Kabinett die einmaligen Wandbespannungen restauriert. Ziel der Maßnahmen war die fachgerechte Wiederherstellung der historischen Substanz. Das Projekt wurde in den Werkstätten des Landesamtes für Denkmalpflege durch die Restauratorinnen Roxana Naumann und Henrike Tuchel umgesetzt.
Die über 2 Jahre andauernde Restaurierung der Seidenapplikationen auf der Bahn 1B im Zeitraffer sehen Sie hier.
Die Maßnahme wurde gefördert durch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse Zwickau, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie den Freistaat Sachsen. Die Baumaßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts. Der Freundeskreis Schloss Wildenfels e.V. bedankt sich herzlich für die Unterstützung der regionalen und überregionalen Sponsoren sowie der zahlreichen Freunde und Förderer des Projekts.
Vom 18. bis zum 20. Jahrhundert wurde das Chinesische Kabinett immer wieder neu gestaltet. Der kleine, intime Raum wurde mit wertvollen Bespannungen und verborgenen Türen ausgestattet. Er ist eine Besonderheit, weil er nahezu authentisch erhalten ist. Die Geschichte seiner Wandlung ist an den Oberflächen ablesbar. Sie spiegelt sich in den vielen Gestaltungsschichten auf den Bespannungen. Diese zeugen auch von einer außergewöhnlichen Wertschätzung der Besitzer gegenüber der Kabinettausstattung. Ich denke, dass hier jeder Gast seine eigenen Geschichten entdecken kann: Sei es in den Darstellungen auf den Seidentapeten, auf den Spuren der Bewohner oder bei einem Gang durch das Schloss.
(Rest. Henrike Tuchel)

Da historischen Tapeten in den zurückliegenden Jahrzehnten generell nur eine sehr mangelhafte Wertschätzung zuteil wurde, gingen die allermeisten unwiederbringlich verloren. Gerade Seidentapeten unterliegen zudem einem sehr raschen Alterungs- und Zerfallsprozess, in der Regel waren sie nach einhundert Jahren verschlissen. Auch vor diesem Hintergrund ist die Existenz der Wildenfelser Wandbespannungen, noch dazu in ihrem originalen Kontext, als absoluter Glücksumstand zu werten. Die Tapeten und die dazugehörige Raumgestaltung sind deshalb von einer weit über die Grenzen Sachsens, aber auch Deutschlands, hinausragenden historischen und künstlerischen Bedeutung und verdienen ein entsprechend starkes gesamtgesellschaftliches Engagement zu ihrer Erhaltung.
(Prof. Dr. Andreas Schulze)
Die über 300 Jahre alten Wandbespannungen des Chinesischen Kabinetts zeichnen sich durch ihre detailreiche Gestaltung, die hohe Qualität der verwendeten Materialien und ihre feine Ausführung aus. Die Applikationen wurden ausschließlich in Seide und mit silbernen oder vergoldeten Silberfäden gestickt sowie mit gemalten Details verziert. Da nur wenige Raumausstattungen dieser Zeit erhalten geblieben sind, stellt das nahezu vollständige Chinesische Kabinett eine Besonderheit dar, auch in Verbindung mit den wertvollen Wandbespannungen der angrenzenden Salons.
(Rest. Roxana Naumann)
Chinoiserie
Im Zuge der Restaurierungsarbeiten an den Wandbespannungen des Chinesischen Kabinetts fanden kunsthistorische Forschungen statt. Ziel war die Ermittlung grafischer Vorlagenwerke der verwendeten Motive sowie ein Vergleich mit in einzelnen Teilen erhaltenen, vergleichbaren Textilien. Es erfolgte zudem eine Auswertung von Archivalien und relevanten historischen Dokumenten.
Das Projekt wurde von der Kunsthistorikerin Dr. Cordula Bischoff umgesetzt.